Ausstellung eröffnet mit vielen Gästen: 40 Jahre Archiv für Stadtteilgeschichte Köln-Nippes e.V.

Die Aktiven vom Archiv für Stadtteilgeschichte Köln-Nippes e.V. im Bezirksrathaus Nippes

13. August 2024: Sommer in Nippes und es war heiß. Das hielt die Fans vom Archiv für Stadtteilgeschichte Köln-Nippes e.V. nicht ab ins Bezirksrathaus Nippes zu kommen. Anlass ist das 40-jährige Jubiläum des Archivs. Ich eröffnete die Ausstellung (Rede siehe unten), die bis 6. September 2024 zu sehen ist. Über die Gründung und die Entwicklung des Vereins sprach der Vereinsvorsitzende Harald Niemann; zu den einzelnen Stationen der Ausstellung erzählte Walter Schulz viele Geschichten.

Begleitend zur Ausstellung werden zahlreiche Veranstaltungen und Führungen angeboten. Das Jubiläumsprogramm wurde mit bezirksorientierten Mitteln durch die Bezirksvertretung Nippes gefördert. Mehr Infos unter: www.archiv-koeln-nippes.de

Rede von Diana Siebert zur Eröffnung der Ausstellung „40 Jahre Archiv für Stadtteilgeschichte Köln-Nippes“ am 13.08.2024

1984 – das war die Zeit, als ehrenamtliche Geschichtsinitiativen wie Pilze aus dem Boden schossen. Vergleichbare Initiativen wie diese hier in Nippes gab es zum Beispiel auch im Agnesviertel. Die Leute wollten es wissen – wir wollten es wissen. Was wollten wir wissen und warum?

1. Im Schulfach Heimatkunde wurde alles nur positiv dargestellt. Die Nazizeit wurde dabei völlig ausgeklammert. So etwas kommt heute nur noch selten vor, zum Beispiel in dem Buch über 1100 Jahre Longerich. Damals war das völlig unbefriedigend für viele in meiner Generation. Man kann sich das alles heute kaum noch vorstellen. Seine Heimat zu lieben und gleichzeitig kritische Fragen zu stellen und zu beantworten, das war etwas Neues.

2. In der etablierten Geschichtswissenschaft, und auch im Geschichtsunterricht an den Schulen wurde die Geschichte des Alltags als unwichtiger Kleinkram abgetan – sowohl von den Konservativen als auch von den Progressiven – sowohl von denen die sich mit den großen Leuten, als auch von denen, die sich mit der Arbeiterklasse befassten. Das war ebenfalls völlig unbefriedigend für viele in meiner Generation. Denn wo blieben die Menschen?

3. Das Beschäftigen mit der Alltagsgeschichte, mit der Geschichte in dem Stadtteil, in dem Du lebst lebst, das sollte weg von der allzu verkopften Theorie. Es sollte Geschichte zum Anfassen sein. Global denken – vor Ort handeln.

Und wer die Geschichte vor Ort vom Ort erforschen wollte, und dann noch kritisch, musste sich seine Quellen oft erst beschaffen. Deshalb kamen damals die Zeitzeugen- und andere mündliche Befragungen auf. Und weil es kein Internet gab, weil also die Informationsdichte 1000 mal geringer war als heutzutage, deshalb mussten die Sachen archiviert werden. Die selbst mühsam zusammengetragene Historie des eigenen Stadtteils in das historische Archiv der Stadt Köln zu geben, das kam damals nicht in Frage. Zu befürchten war nicht nur, dass sich das Stadtarchiv nicht interessierte. Sondern man wollte als Initiativgruppe, als eigener Verein die eigenen Quellen griffbereit haben.

Und das ist das Geheimnis des Erfolgs des Archivs für Stadtteilgeschichte, das ja viel mehr ist als ein Archiv: die gesamte Produktionskette in voller Fertigungstiefe haben die Archivmenschen kontinuierlich fortgeführt. Also: vom Aufspüren von Quellen über das Sammeln und Archivieren über das Schreiben von Texten bis zu deren Veröffentlichung in Büchern haben alles die Archivleute selbst betrieben.

Was für eine Arbeit!

Die meisten anderen damals entstandenen Initiativen sind heute eingegangen, die Arbeit wurde individualisiert und – so nennt man das – institutionalisiert.

Hat sich also nichts geändert seit 1984 – außer vielleicht, dass man erst einen PC, dann das Internet angeschafft hat? Von wegen! Nehmen wir z.B. die Fotoansichten von meiner Einladungspostkarte. Ich kann mir vorstellen, dass die damaligen Akteure solch eine Bildauswahl spießig gefunden hätten. Hatte man damals doch in Erinnerung, dass man den Bau einer Autobahn zwischen der Inneren und Nippes verhindert hat. Und die Initiative für einen Boykott der Volkszählung war auch in Nippes in den 1980er Jahren stark. Aber:

Auch damals schon war dieses Archiv nicht einfach ein Archiv der Alternativen Bewegung, sondern man wollte ALLES über alle Verflechtungen im Stadtteil wissen. Und das war VIEL. Schon immer haben die Akteure des Archivs für Stadtteilgeschichte einen starken Blick AUCH auf das Schöne im Stadtteil gehabt, auf dasjenige, was durch das Plattmachen von Grünflächen und schönen Häusern verloren gegangen wäre. Und das ist das zweite Geheimnis des Erfolgs dieser Leute, die uns jetzt die Ausstellung gemacht haben. Auch das aus einer Hand.

Was für eine Arbeit! Das Archiv hat feste Räume im Altenberger Hof. Das ist das dritte Geheimnis des Erfolgs des Vereins.

Kaum ein Stadtteil hat sich so sehr verändert wie Nippes mit dem Eisenbahnausbesserungswerk und dem Clouthquartier. Gerade die neueste Geschichte von Nippes ist spannend und erfordert unsere Aufmerksamkeit bei der Beobachtung von Gentrifizierungstendenzen.

Und kaum eine Straße ist so gut dokumentiert wie die Neusser Straße in dem Nippeser Abschnitt, wie im Oberkracher dieser Ausstellung zu sehen ist.

Was für eine Arbeit!

Wie schön, dass Sie heute hierher gekommen sind. Sie werden merken, es lohnt sich.

Denn die Ausstellung können Sie noch ein paar Wochen sehen.

Aber heute sind auch die Menschen da, die das alles ehrenamtlich auf die Beine gestellt haben!

Ich übergebe an den Vereinsvorsitzenden Harald Niemann.

Vielen Dank!

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