Stelen-Einweihung in Longerich: Fahrt in Richtung Kriegerdenkmal

Wie bei einer Schiffstaufe: Leeren einer Sektflasche durch Diana Siebert.

26. September 2022

Die Bezirksvertretung Nippes beschloss 2020, dass neben dem Kriegerdenkmal in Longerich eine große Stele mit einem historisch-kritischem Text aufgestellt wird. Montag 26. September 2022 um 18 Uhr war es bei feuchtem Herbstwetter soweit: Die ehrenamtliche Bezirksbürgermeisterin Diana Siebert weihte mit Mitgliedern der Bezirksvertretung Nippes und anderen Gästen die Stele wie bei einer Schiffstaufe ein: „Ich wünsche stolze Fahrt in Richtung Kriegerdenkmal“, betont Diana Siebert.

Die Bezirksvertretung Nippes bedauert, dass die historisch-kritische Stele 15 Meter entfernt vom Kriegerdenkmal aufgestellt und tiefer gelegt wurde. Die untere Denkmalbehörde begründete dies mündlich mit dem „Umgebungsschutz“ für das Kriegerdenkmal von 1890. Damit ist eine unmittelbare Wahrnehmung der Betrachter:innen kaum möglich. Mit einer Menschenkette stellten die Bezirksvertreter und Gäste symbolisch die Verbindung zwischen dem Kriegerdenkmal und der Stele her. Denn die Stele soll ganz bewusst zum Nachdenken über das Kriegerdenkmal anregen.

Beschluss 3.12.2020: https://ratsinformation.stadt-koeln.de/vo0050.asp?__kvonr=98282

Beschluss 9.9.2021: https://ratsinformation.stadt-koeln.de/vo0053.asp?__kvonr=103497

STELEN TEXT

Das Kriegerdenkmal wurde 1890 zur Erinnerung an die Gefallenen der Kriege 1864, 1866 und 1870/71 errichtet. Longerich gehörte während dieser Kriege zum Königreich Preußen, der treibenden Kraft zur Gründung des Deutschen Reichs. Diese Kriege führte das Preußen gegen Dänemark, Österreich bzw. Frankreich, mit denen Deutschland heute in der Europäischen Union „in Vielfalt geeint“ ist.

Das Kriegerdenkmal wurde als Obelisk errichtet. Der Gedenkstein des Bildhauers Schmitz aus Kalk weist typische Bestandteile der Kriegerdenkmäler auf, so ein Porträt von Kaiser Wilhelm I., die Jahreszahlen der Kriege und den Adler auf der Spitze.

Obelisk und Adler sollen Macht- und Hegemonieanspruch symbolisieren. Kriegerdenkmäler dieser Art entstanden in dieser Zeit in zahlreichen Städten und Gemeinden. Die Opfer der Kriege wurden als „siegreiche Helden“ bezeichnet. Mit Kriegerdenkmälern wie diesem wurde daher die Trauer um die Opfer zum Kult um den Krieg instrumentalisiert. Sie waren also Ausdruck eines heute wenig verständlichen Heldenkultes um die Gefallenen. Soldaten wurden für Interessen eines Obrigkeitsstaates in den Krieg und damit allzu oft in den Tod geschickt.

Das hiesige Denkmal wurde nahe den Mauern des damaligen Friedhofs der alten St. Dionysius-Kirche platziert. Auf dem Gebiet des Pfarrgartens entstand der bis heute bestehende Kirchenbau, der im Mai 1900 eingeweiht wurde. Die Kirchengemeinde weihte die alte Kirche um und legte den Friedhof still. Die Kölner Stadtverordneten beschlossen 1891, den nördlich angrenzenden Dorfplatz als Kriegerplatz zu benennen.

20. Jahrhundert

Mitte der 1980er Jahre wurde das Denkmal um Marmortafeln mit der Inschrift „den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft 1914–1918 1939–1945“ ergänzt. Damit erweiterte man das Andenken nicht nur um die im Ersten und im Zweiten Weltkrieg Gefallenen. Man wollte damit sämtliche Opfergruppen in das Gedenken aufnehmen – auch die Opfer von Antisemitismus und Rassismus. Diese Weiterwidmung war eine damals übliche Praxis im öffentlichen Gedenken. Dabei geht unter, dass es im Krieg und unter Gewaltherrschaft nicht nur Opfer, sondern auch Initiatoren, Täter und Mittäter gab.

Errichtet 2022 von der Bezirksvertretung Nippes.

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